Familie Hammerschlag
		Im Juni 1947 meldete Ernst Hammerschlag, der einzige 
		Überlebende der Familie, Ansprüche auf Rückerstattung an. Er musste Verschleppung 
		und Tod seiner Angehörigen sowie deren Einkommen und Vermögenswerte beweisen, 
		was nahezu unmöglich war.
		
			
			Das Geschäfts- und Wohnhaus der Familie
			Hammerschlag
			in der Emmernstraße
 
		Aus dem umfangreichen Verfahren, das sich bis 1965 
		hinzog, soll hier nur ein Komplex dargestellt werden, der Antrag auf Entschädigung 
		für das Warenlager und Geschäftsinventar im Wert von insgesamt 30.000 RM. 
		Der Antrag wurde zunächst abgewiesen. Hammerschlag musste nachweisen, dass 
		an Geschäft und Warenlager ein "Zerstörungs- und Plünderungsschaden" entstanden 
		sei.
		Zu dieser Frage wurden Ende 1963 Ermittlungen in 
		Hameln angestellt. Mit der Angelegenheit wurde ausgerechnet Stadtrat Dr. 
		Hans Krüger betraut, der in der Zeit des Dritten Reiches als Leiter des 
		Dezernats "Judenangelegenheiten" hauptverantwortlich für die Maßnahmen gegen 
		die jüdischen Bürger Hamelns gewesen war. Das Ergebnis der Zeugenvernehmungen 
		ist nicht weiter verwunderlich. Die Zeugen konnten sich weder an die Verhaftung 
		Hermann Hammerschlags noch an eine Plünderung erinnern. Das Warenlager sei 
		zurückerstattet worden.
		Als Ergebnis seiner Vernehmungen meldete Stadtrat Dr. 
		Hans Krüger an den Regierungspräsidenten in Hannover.
		Herr W.-E. kann sich nicht erinnern, dass in der Kristallnacht 
		das Warenlager des Herrn Hermann Hammerschlag geplündert oder zerstört worden 
		sei. Herr W.-E. glaubt sich erinnern zu können, dass die sichergestellten 
		Waren an Hammerschlag zurückgegeben werden mussten. Ob Herr Hermann Hammerschlag 
		nach der Kristallnacht verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht 
		wurde, ist dem Zeugen nicht bekannt.
		Herr Carl H., der Hausbesitzer, ... kann sich an Einzelheiten 
		... nicht erinnern.
		Die Eheleute Georg und Erna S. ... können sich daran 
		erinnern, dass die Schaufensterscheibe des Hermann Hammerschlag nach der 
		Kristallnacht mit Brettern vernagelt war und dass in der Waschküche im Hause 
		Hammerschlag eine gewisse Unordnung herrschte (umgeworfene Fensterpuppen 
		und Kartons mit einzelnen Schuhen lagen herum). ... Von weiteren Plünderungen 
		und Zerstörungen ist den Eheleuten Schmidt nichts bekannt.
		Das Gericht entschied, dass sich "keine Anhaltspunkte 
		für das Verbleiben der Ladeneinrichtung und des Warenstandes" haben finden 
		lassen. Weil eine spätere Versteigerung des Warenlagers und Inventars zu 
		Schleuderpreisen aber anzunehmen sei, wurde immerhin ein "Verschleuderungsschaden" 
		anerkannt. Ernst Hammerschlag erhielt für einen Schaden von ca. 30.000 RM 
		eine Entschädigung in Höhe von 450,85 DM.
	 
	
		 
		Neben Stadtrechtsrat Dr. Krüger war auch Vermessungsrat 
		Reiche wieder in den Diensten der Stadt. Die beiden Beamten hatten im Dritten 
		Reich die "Judenangelegenheiten" bearbeitet./p>
		
Eine Anfrage des Rechtsamtes der Stadt Hannover, wer 
		denn verantwortlich für die Zusammenpferchung der Hamelner Juden in sogenannten 
		Judenwohnungen gewesen sei, beantworten die beiden folgendermaßen:
		"Rechtsamt der Stadt Hameln
		9. November 1951
		"Nach den hiesigen Feststellungen erfolgte die Zusammenfassung 
		der in Hameln wohnenden jüdischen Familien in sog. Judenwohnungen auf Veranlassung 
		der Kreisleitung der NSDAP.
		Bei der Feststellung der betreffenden Wohnungen wurde das städtische Wohnungsamt 
		beteiligt.
		Nach unseren Ermittlungen soll für diese Maßnahme eine Verfügung der Regierung 
		maßgebend gewesen sein, die hier aber nicht bekannt ist. Es wird angenommen, 
		dass diese Vorgänge während des Krieges beseitigt wurden.
		Über den Verbleib der in den früheren Wohnungen zurückgelassenen Möbel ist 
		ebenfalls nichts Näheres bekannt, wahrscheinlich hat auch darüber die Kreisleitung 
		der NSDAP verfügt.
		Der Oberstadtdirektor
		Im Auftrage
		Dr. Krüger"
		
			
			Schreiben von Dr. Krüger an die Stadt Hannover vom 9.11.1951
			(Quelle Stadtarchiv Hameln)
 
		Keiner ist es gewesen. Keiner war dabei. Niemand hat 
		etwas gesehen.
		
		
		
		
		
		© Bernhard Gelderblom Hameln