Die Zeit des Absolutismus
Der Friedhof wurde – beginnend im Osten – nach dem Datum des Todes belegt. Insofern finden wir die ältesten Steine im östlichen Teil des Friedhofes. Sie gehören in die Zeit des Absolutismus. Die Juden lebten streng abgegrenzt von der christlichen Mehrheitsgesellschaft und waren gesetzlich auf wenige Berufe beschränkt. Die Steine zeigen rein hebräischsprachige Inschriften und sind strikt nach dem Sterbedatum angeordnet. Auf diese Weise liegen Ehegatten nicht zusammen.
Der Friedhof wurde ursprünglich auch von Osten her, also von der Sandstraße, betreten. Die Torpfosten des alten Eingangs sind noch erhalten. Sie finden sich – weit auseinander – eingebaut in die südliche Begrenzungsmauer des alten Friedhofteiles. Der heutige Zugang von der Scharnhorststraße her wurde anlässlich der Erweiterung des Friedhofes im Jahre 1880 geschaffen.
  
			
Pfeiler und Inschrift aus dem Jahre 1827
Die Inschrift auf den beiden alten Pfosten lautet:
"Zur Ehre ihrer Mütter und Väter, der Verstorbenen. Hier ist ihr Gedächtnis zum Segen in Ewigkeit. Ein Groß-Werk der Brüder, genannt Gebrüder Heine, in Hamburg, im Jahre 1827."
Die Brüder Heine stammten aus Hameln, waren nach Hamburg gegangen und schenkten ihrer Heimatgemeinde diese beiden Torpfosten.
![]()

A 1
Herz Joseph Detmold, gestorben 1770
Herz Joseph lebte seit 1752 in Hameln und war vorher "Hofjude" im Fürstentum Detmold gewesen. Sein Wohlstand zeigt sich auch darin, dass er zeitweilig das Rattenfängerhaus in der Osterstraße bewohnte.

B 1
Hier ist der früh verstorbene Sohn von Herz Josef Detmold bestattet. In der Inschrift ist die Rede von dem "Jüngling Jacob, , ein unverheirateter Jüngling, Sohn des ehrenwerten Herrn Herz Detmold", gestorben 1767.
![]()

A 2
Matatjahu, Sohn des Leiser aus Langizen, gestorben 1777
Matatjahu war Aluf, Gemeindeoberster, der Hamelner jüdischen Gemeinde gewesen. Der Stein ist in seiner Formensprache auf dem Hamelner Friedhof singulär, eine barocke Kartusche, die Schrift nicht erhaben, sondern versenkt und auch vom Schrifttyp einzig.
"Hier ist begraben
			Der aufrechte Mann, der Gelehrte,
			seine Ehren, unser Lehrer, Herr Matitjahu,
			Sohn des verstorbenen Leser Langizen, das Andenken
			Des Gerechten sei zum Segen.
			Er verstarb und wurde begraben am 4. Nissan
			537, nach der kleinen Zählung (=1777).
			Seine Seele sei eingebunden in das Bündel
			Des Lebens
			Mit den anderen gerechten Männern
			Im Garten Eden. Amen. Sela."
![]()

C 7
Elieser Leser aus Langizen, gestorben 1749
In C 7 ist sein 1749 verstorbener Vater bestattet, der Rabbi Elieser Leser aus Langizen. Die Familie ist seit 1733 in Hameln bezeugt und stammt aus der fränkischen Kleinstadt Langenzenn.
"Hier ist begraben
			Ein Mann, redlich, zum Lob
			In seinen Geschlechtern. Er zehrte von seiner Hände Arbeit, seine 
			Thora
			War sein Glauben. Er hörte nicht auf mit Lernen
			Bis zu seinem Tode. An jeder Stelle ist die Halacha 
			Wie er sie lehrte. Mit einem Kuss ging
			Seine Seele heraus. Nach ihm möge sein Verdienst bleiben. Das ist 
			der
			Thorakundige und Ausgezeichnete, unser Lehrer und Meister
			Elieser Leser, Sohn des Rabbi, unseres Lehrers Meir 
			Aus Langenzenn. Er verstarb und wurde begraben 
			Am 2. Tag (Montag), 23. Ijar 509, nach der kleinen Zählung (1749).
			Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens."
![]()

B 6
Links Jisaschar Bär, Sohn des Josef haLevi, gestorben 1765 und rechts Josef haLevi, gestorben 1761
Es handelt sich um ein Doppelgrab für einen Vater und einen Sohn, das in Form der Gesetzestafeln (der zehn Gebote) gestaltet ist. Vater und Sohn stammen aus der berühmten Familie des Josef Goldschmidt;Josef haLevi mit Glückel Hameln verschwägert. Als Zeichen der Zugehörigkeit zum Levitenstamm findet sich auf dem Grabstein eine kleine in das Schriftfeld integrierte Levitenkanne.
Es finden sich zahlreiche weitere Grabsteine der Familie Goldschmidt auf dem Hamelner jüdischen Friedhof:
C 3 Frau Klärche, Ehefrau des Rabbi Abraham Goldschmidt, 
			gestorben 1800
			C 5 Glückche, Tochter des Schmuel, Ehefrau des 
			Josef Halevi (B 6), gestorben 1784
			D 1 Rabbi Chaim, Sohn des Josef (B 6) und der 
			Glückche (C 5), gestorben 1765
			D 4 Nathan Löb Hameln, ein Enkel von Josef Goldschmidt, 
			gestorben 1741
			J 9 Charlotte Berendt, geb. Goldschmidt, gestorben 
			1854
![]()

Bei der Wiederherstellung des Friedhofes wurde der Stein B 6 zu tief in den Boden gesetzt. Beim Aufgraben wird die Abschlussformel erkennbar.
![]()


D 1
Chaim Joseph, gestorben 1765
Chaim Joseph war Vorsteher der Levitenschaft und ein Sohn von Josef Levi (B 6). Sein Stein ist ausgezeichnet durch seine reichen Schmuckformen. Über der Begräbnisformel findet sich das Symbol der Leviten, die Kanne in der Schale, links und rechts davon eine Blume mit jeweils einer geschlossenen Knospe, einer vollen Blüte und einer hängenden Blüte. Auf der hängenden Blüte sitzt ein Vogel, den Schnabel auf die Schale gerichtet.
"Hier ist begraben
			ein Geschöpf des lebendigen Vaters.
			Sein Haus stand in seiner Gerechtigkeit bis zu 
			Seinem Tod. Er lenkte alle seine Tage
			In Aufrichtigkeit. Seine Werke waren gelehrt und liebenswert. Das 
			ist
			Der Chawer (Genosse) Rabbi Chaim, Sohn des geehrten Herrn
			Joseph, Vorsteher der Lewitenschaft, seligen Angedenkens. Er 
			verstarb
			Und wurde begraben mit gutem Namen am 5. Tag (Donnerstag)
			Im Schewat 525, nach der kleinen Zählung (1725). 
			Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens."
![]()

D 4
Nathan Löb Hameln, gestorben 1741
Nathan Löb Hameln ist ein Enkel von Josef Goldschmidt. Hier handelt es sich um den vermutlich ältesten Stein des Friedhofes. Benachbart sind seine Töchter Edel (Sterbedatum verderbt, D 3) und Malka (oder Sulka, gestorben 1756, D 2) bestattet.
![]()

D 2
Nathan Löbs Tochter Malka, gestorben 1756